Freitag, 15. November 2013

Durchwachsene Nachtfahrt von Siem Reap nach Phnom Penh

Mit einer halbstündigen Verspätung checkten Sylvia und ich beim Nachtbus mit so einer Art Sitzbetten ein. Plätze 12B und 13B. Hm … oben nur A. Also unten wohl B. Bingo.
Aber wieso liegen da schon zwei kambodschanische Herrschaften? „Kurze“ Verständigung mit Händen und Füßen, und die beiden wandern eine Etage höher. Ab in die Koje – gemütlich ist auch was anderes, aber eigentlich ganz in Ordnung. Nachdem Sylvia und ich uns unter einigem Ächzen, Stöhnen und Gelächter eingerichtet bzw. geschlichtet haben, geht’s am Gang ziemlich rund. Die zwei armen Asiaten, die von unten rechts nach oben rechts gewandert sind, wurden mittlerweile ein weiteres Mal nach oben links umgesiedelt, samt Reissack (der letztlich am Gang neben Sylvia plumpst) & Co.



Ein interessanter Ausblick ist das von da unten, ich sehe interessante Beinbekleidung und sogar eine ältere, etwas korpulente Dame mit Stock (!). Sie, ihr Mann und ihre erwachsene Tochter dürften offenbar ungültige Tickets verkauft bekommen haben, dürfen letztlich aber doch Platz nehmen, was sich angesichts des körperlichen Zustandes der Amerikanerin als nicht so einfach darstellt. Hinter uns wird die Tochter einquartiert, weiter vorne das Ehepaar. Der Busfahrer versucht der Dame zu helfen, hinter uns quietscht die Tochter: „Moooooooom, are you here?!“ - „Yes, Darling, just take what they give us.“ Zwei Minuten später: „Mooooom, are you okaaaay?!“ - “Yes, Darling. I am fine.” 

Sylvia schaut mich entsetzt an: „Na oida … wenn das jetzt alle paar Minuten so geht, krieg ich aber an Zuck-aus.” Wir haben Glück. Die Tochter mit der äußerst unglücklich schrillen Stimme, die durch Mark und Bein dringt, quietscht nur noch einmal etwas durch den Bus, und zwar nach dem Zwischenstopp. 

Mitten im Nirgendwo bleiben wir stehen. Pinkelpause, Futterpause. Diese Absteige werde ich auch nie in meinem Leben vergessen. Plumpsklo. Okay. Wer in diesen Gegenden unterwegs ist, muss damit klarkommen. Mit gefühlten (zum Glück nicht ganz so gefühlt) hundert Heuschrecken gilt es sich allerdings nicht aus dem Konzept bringen zu lassen und … naja … sagen wir, nicht eine miteinzupacken. Vor mir eine Engländerin, die ihr Leben nicht mehr packt. „Noo, I don't go in there! IIIIIIIIhhhhhhh.“ Eindeutig falsche Reise gebucht, Liebes. 

Im Hauptraum (wer sich hier etwas zum Essen bestellt, ist entweder selbst schuld oder gut ausgerüstet) verscheucht die donnernde Techno-Pop-Partymusik (inkl. Gangnam Style) erbarmungslos auch das letzte müde Sandmännchen. Wir sind hier absolute Exoten … 

30 Minuten später hupt der Bus zwei Mal – wer es nicht checkt, bleibt hier. Über uns haben sich zwei Estländer auf ihre Betten gehievt – anders kann man es beim besten Willen nicht nennen. Mitten in der Nacht unterbricht laute Musik das Schnarchen, Schmatzen und Brabbeln der Mitreisenden. Ich mache meine Augen auf und sehe direkt in das grantige Gesicht von Sylvia. Ich kann nur hoffen, dass das wenigstens die Musik vom Busfahrer ist, es wird doch wohl nicht jemand … „Oja, das sind die g‘schissenen Estländer über uns. Ang‘soffen, blad und deppert – was für eine Kombination“, unterbricht sie meinen diplomatischen Erklärungsversuch und greift feldmarschallmäßig durch: „Excuse me [na immerhin], could you please turn off the music, because it’s very impolite. You’re disturbing the other people who want to sleep. Thank you.“ Schallendes Gelächter, aber danach ist wenigstens wieder Ruhe hier. 
Hach, was tät‘ ich nur ohne mein Süval? 

Nach insgesamt sieben Stunden kommen wir um 02.30 Uhr nachts in Phnom Penh an. Eine Scharr aufdringlicher Tuk Tuk-Fahrer auf Beutezug umringt uns. Einer sagt uns, dass es unser erst gestern gebuchtes Hotel nicht mehr gibt, ein anderer will uns zu einem besseren bringen, ein dritter sagt uns, dass das Hotel ausgebucht wäre. Ich gebe zu, ich bin langsam entnervt, zumal das Hotel nicht weit weg sein soll. Aber in welche Richtung losstiefeln? Jeder deutet in eine andere. Letztlich chauffiert uns ein wenigstens etwas seriöser wirkender Fahrer die heißen 200m zu unserer Unterkunft. Zwei Doller will der Schuft von uns. Mann … meinetwegen, nimm die zwei Dollar -und werd glücklich. 

Und jetzt? Tor verriegelt, keiner macht auf. Sylvia nimmt’s mal wieder wild entschlossen in die Hand und hämmert gegen die Glastür, bis endlich ein verschlafener Typ aufsperrt. Reserviert? Ja … das Zimmer gibt’s aber in Wahrheit nicht mehr …. wir können ein Upgrade anbieten – zum selben Preis, selbstverständlich. Na bitte, dann eben ein Upgrade. Von mir aus würde ich jetzt auch auf einer Matratze im Foyer pennen. Unser „Upgrade“ inkludiert zwei Löcher in der Decke mit Wasserflecken drum rum, Straßenlärm, zu dem sich massiver Baulärm in der Früh dazugesellt. Macht nichts – ich brauch nur ein paar Minuten Schlaf, um … schnarch.

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