Aber wieso liegen da schon zwei
kambodschanische Herrschaften? „Kurze“ Verständigung mit Händen und Füßen, und
die beiden wandern eine Etage höher. Ab in die Koje – gemütlich ist auch was
anderes, aber eigentlich ganz in Ordnung. Nachdem Sylvia und ich uns unter
einigem Ächzen, Stöhnen und Gelächter eingerichtet bzw. geschlichtet haben,
geht’s am Gang ziemlich rund. Die zwei armen Asiaten, die von unten rechts nach
oben rechts gewandert sind, wurden mittlerweile ein weiteres Mal nach oben
links umgesiedelt, samt Reissack (der letztlich am Gang neben Sylvia plumpst)
& Co.
Ein interessanter Ausblick ist das von da unten, ich sehe
interessante Beinbekleidung und sogar eine ältere, etwas korpulente Dame mit
Stock (!). Sie, ihr Mann und ihre erwachsene Tochter dürften offenbar ungültige
Tickets verkauft bekommen haben, dürfen letztlich aber doch Platz nehmen, was sich angesichts des körperlichen Zustandes der Amerikanerin als nicht so einfach
darstellt. Hinter uns wird die Tochter einquartiert, weiter vorne das Ehepaar.
Der Busfahrer versucht der Dame zu helfen, hinter uns quietscht die Tochter: „Moooooooom,
are you here?!“ - „Yes, Darling,
just take what they give us.“ Zwei Minuten später: „Mooooom, are you okaaaay?!“ - “Yes, Darling. I am fine.”
Sylvia schaut mich entsetzt an: „Na oida … wenn das jetzt
alle paar Minuten so geht, krieg ich aber an Zuck-aus.” Wir haben Glück. Die
Tochter mit der äußerst unglücklich schrillen Stimme, die durch Mark und Bein
dringt, quietscht nur noch einmal etwas durch den Bus, und zwar nach dem
Zwischenstopp.
Mitten im Nirgendwo bleiben wir stehen. Pinkelpause,
Futterpause. Diese Absteige werde ich auch nie in meinem Leben vergessen.
Plumpsklo. Okay. Wer in diesen Gegenden unterwegs ist, muss damit klarkommen.
Mit gefühlten (zum Glück nicht ganz so gefühlt) hundert Heuschrecken gilt es
sich allerdings nicht aus dem Konzept bringen zu lassen und … naja … sagen wir, nicht eine miteinzupacken. Vor mir eine Engländerin, die ihr Leben nicht mehr
packt. „Noo, I don't go in there! IIIIIIIIhhhhhhh.“ Eindeutig falsche Reise
gebucht, Liebes.
Im Hauptraum (wer sich hier etwas zum Essen bestellt, ist
entweder selbst schuld oder gut ausgerüstet) verscheucht die donnernde
Techno-Pop-Partymusik (inkl. Gangnam Style) erbarmungslos auch das letzte müde Sandmännchen.
Wir sind hier absolute Exoten …
30 Minuten später hupt der Bus zwei Mal – wer es nicht
checkt, bleibt hier. Über uns haben sich zwei Estländer auf ihre Betten gehievt –
anders kann man es beim besten Willen nicht nennen. Mitten in der Nacht
unterbricht laute Musik das Schnarchen, Schmatzen und Brabbeln der
Mitreisenden. Ich mache meine Augen auf und sehe direkt in das grantige Gesicht
von Sylvia. Ich kann nur hoffen, dass das wenigstens die Musik vom Busfahrer
ist, es wird doch wohl nicht jemand … „Oja, das sind die g‘schissenen Estländer
über uns. Ang‘soffen, blad und deppert – was für eine Kombination“,
unterbricht sie meinen diplomatischen Erklärungsversuch und greift
feldmarschallmäßig durch: „Excuse me [na immerhin], could you please turn off
the music, because it’s very impolite. You’re disturbing the other people who
want to sleep. Thank you.“ Schallendes Gelächter, aber danach ist wenigstens
wieder Ruhe hier.
Hach, was tät‘ ich nur ohne mein Süval?
Nach insgesamt sieben Stunden kommen wir um 02.30 Uhr nachts
in Phnom Penh an. Eine Scharr aufdringlicher Tuk Tuk-Fahrer auf Beutezug umringt uns. Einer sagt uns, dass es unser erst gestern gebuchtes Hotel nicht mehr
gibt, ein anderer will uns zu einem besseren bringen, ein dritter sagt uns,
dass das Hotel ausgebucht wäre. Ich gebe zu, ich bin langsam entnervt, zumal
das Hotel nicht weit weg sein soll. Aber in welche Richtung losstiefeln? Jeder
deutet in eine andere. Letztlich chauffiert uns ein wenigstens etwas seriöser
wirkender Fahrer die heißen 200m zu unserer Unterkunft. Zwei Doller will der
Schuft von uns. Mann … meinetwegen, nimm die zwei Dollar -und werd glücklich.
Und jetzt? Tor verriegelt, keiner macht auf. Sylvia nimmt’s mal
wieder wild entschlossen in die Hand und hämmert gegen die Glastür, bis endlich
ein verschlafener Typ aufsperrt. Reserviert? Ja … das Zimmer gibt’s aber in
Wahrheit nicht mehr …. wir können ein Upgrade anbieten – zum selben Preis,
selbstverständlich. Na bitte, dann eben ein Upgrade. Von mir aus würde ich jetzt
auch auf einer Matratze im Foyer pennen. Unser „Upgrade“ inkludiert zwei Löcher
in der Decke mit Wasserflecken drum rum, Straßenlärm, zu dem sich massiver
Baulärm in der Früh dazugesellt. Macht nichts – ich brauch nur ein paar Minuten
Schlaf, um … schnarch.
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